Premiere Openair/Kurze Version Juli 2021
Premiere Langversion Mai 2023
…ist ein etwa 100 minütiges Stück zum Thema „Das Klima ändert sich - und wir?“.
Ohne durchgehenden Plot aber mit einem verbindenden Narrativ: Wir, das Duo König und Tramsen, setzen uns mit den Folgen des Klimawandels bis hinein ins Private auseinander. Wir
recherchieren und (be-)schreiben Geschichten, Szenen, Situationen verschiedener Protagonisten, die sich auf ganz unterschiedliche Weise mit der Klimaveränderung auseinandersetzen (oder nicht
auseinandersetzen). Wir untersuchen somit unseren Umgang mit Ängsten, ihre Bedeutung und ihre potentielle Kraft im Zusammenhang mit der Klimaveränderung.
Wir fragen nach den Ursachen in unserem (ganz privaten) Denken und Handeln, die uns so unfähig erscheinen lassen, einschneidende Veränderungen in unserem Leben zu organisieren.
Wir fragen nach den Gründen dieser Unvernunft, welche unser sonst so vernunftgesteuertes Streben überragt.
Wer schreibt, inszeniert und spielt?
König und Tramsen haben sich für die 2017 vom Bremer Senator für Kultur geförderte Produktion „Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr ganz viel nichts“ zusammengefunden. Mit ihrer
ziemlich unverwechselbaren musikalischen Theaterform haben sie seit 2017 zahlreiche Auftritte von Flensburg bis an die Schweizer Grenze absolviert und begeisterte Zuschauerinnen und Zuschauer
sowie eine jubelnde Presse hinterlassen.
Wir möchten ihre gelungene Zusammenarbeit unbedingt fortsetzen, weiterhin voneinander lernen, weiterentwickeln und inspiriert werden. Vor allem aber wollen wir uns mit unseren Mittel diesem so
zentralen Thema widmen, das uns in weiterer Zukunft sicher beschäftigen wird.
Intention des Stückes ist ein kritisches, aber ebenso lustvolles (gemeinsames) Nachdenken über den Zustand über uns, die wir in unserer Geschichte wohl noch nie vor einer so großen Aufgabe
standen, und die wir die Grenzen unseres autoritären Gebarens in dieser Bedrohlichkeit noch nie derart unwiderruflich aufgezeigt bekommen haben.
Einige Gedanken zum Thema, die im künstlerischen Prozesse einer intensiven Verdichtung anheimfallen werden:
Die Diagnose über den Klimawandel ist so überwältigend, dass die Gefahr besteht, dass die Blicke sich den realen, den weltlichen, den empirischen Bedingungen der Gefahr gar nicht stellen.
Die Ziele der Klimadebatte scheinen klar formuliert: CO2-Neutralität und Temperaturbegrenzung lassen sich gut benennen, aber „man rechne nicht mit einer Gesellschaft, die schon da ist, und nur
mit ihren eigenen Mitteln reagieren kann“. So formuliert es beispielsweise der Soziologe Armin Nassehi. Er argumentiert, dass man
beim Kleinarbeiten der Förderungen, auf die Widerständigkeit einer Gesellschaft stoße, die nichts anderes habe als ihre eigenen Routinen und Konflikte. In vielen Debatten würde die Klimafrage
denn auch von der sozialen Frage abgekoppelt. Doch die Diskussionen um die Bepreisung von CO2 Ausstoß, um die Verteuerung von schädlichem Verhalten hätten eben nicht nur eine sachliche Dimension,
sondern auch eine soziale. Wer es sich leisten könne, würde durch Bepreisung nicht wirklich getroffen. Höhere Preise träfen immer die weniger Wettbewerbsfähigen. Niemand dürfe sich die
Gesellschaft einfach als einen Apparat vorstellen kann, in dem man Aktivitäten herunterfahren könne. Mit der Gesellschaft zu rechnen, wie sie ist, hieße nicht, alles so zu belassen, wie es ist.
Es hieße, die gesellschaftsinternen Risiken und Gefahren zu betrachten, wenn man den großen Umbau plane.
Dem gegenüber stehen Ökonomen, die das Argument, dass Klimaschutzaktivisten zu den Vermögenden zählen als Unterstellung brandmarken. Sie halten das so genannte „Grüne Wachstum“ für eine
verheerende Lebenslüge, „mit der eine Gesellschaft, die mit ihrer auf Wachstum und Technisierung gründende Entwicklungslogik auf einen Kollaps zurast, nun durch die Vermehrung erneuerbarer
Energie und geschlossener Stoffkreisläufe sein Komfortparadies umweltschonend weiterwachsen lassen will (Niko Peach)“.
Die Klimafrage ist als längst eine soziale und damit eine ideologische Frage geworden.
Und sie ist ein furchterregendes Dilemma.
Wir müssen unsere Freiheit einschränken, um sie zu bewahren.
Aber wer besitzt den Willen und die Möglichkeiten dazu, solch einschneidende Veränderungen vorzunehmen?
Kann unsere Gesellschaft (die ist, wie sie ist) mit ihrer ökonomischen Logik überhaupt adäquat auf diese Krise reagieren und fährt sie nicht vollkommen hilflos auf den Abgrund zu?
Werden dann nicht paradoxerweise noch mehr Menschen als bisher keine andere Möglichkeit sehen, den Klimawandel ideologisch zu instrumentalisieren oder ihn zu verdrängen?
Untergräbt die Klimaveränderung damit nicht letztlich uns politischen Fundamente?
Denn wenn Verteilungskonflikte um den Rest an materiellen Möglichkeiten entbrennen und der Kampf um ein würdiges Dasein beginnt, wird sich dann noch jemand für eine Demokratie einsetzen, die
offenkundig am Minimum dessen gescheitert ist, was von einem politischen System zu erwarten ist: Überlebensfähigkeit?
Im Moment sehen wir hier viele Leerstellen, denn Greta Thunberg entwickelt ihre besondere Kraft, weil ihre Rigorosität nur die radikale Perspektive freigibt, weniger aber die konkreten
Schritte, die gegangen werden müssen. Greta Thunberg verlangt nicht, dass man den jungen Aktivisten zuhört, sondern dass man wissenschaftliche Erkenntnisse ernst nimmt.
Zu diesen Erkenntnissen gehört auch die Erkenntnis darüber, dass die Gesellschaft ein Objekt ist, das nach einer eigenen Logik funktioniert, die man mit ihren eigenen „Waffen“ schlagen muss.
Diese gilt es zu finden.